03. Januar 2019 l 18:06 Uhr
Prickelnde Aussichten
Trier. Der Trierer Sekt- und Schaumweinproduzent Schloss Wachenheim erzielt traditionell zum Jahreswechsel seine größten Umsätze. Die Nummer drei in Deutschland punktet im Stammland mit alkoholfreien Getränken und setzt auf eine flexiblere Produktion.
von Sabine Schwadorf
Zum Jahreswechsel knallen traditionell die Sektkorken. Rund 3,5 Liter an Sekt und Schaumwein konsumiert jeder Bundesbürger im Jahr, Tendenz konstant. Auch die Trierer Schloss Wachenheim AG wirft jedes Jahr zu diesem Zeitpunkt ein besonderes Auge auf den Markt, bedeuten die Verkäufe für die Festtage doch nahezu 25 Prozent des jährlichen Absatzes, wie Schloss Wachenheim Vorstand Oliver Gloden sagt. Das Jahresend-Geschäft sei "gut angelaufen, doch ist das Bestell-Verhalten des Handels nur schwer zu planen und maßgeblich beeinflusst durch die Lage der Feiertage". Folglich seien die Lager in Trier und Konz mit nahezu 35 000 Quadratmetern Kapazität in der Lage, "extrem flexibel innerhalb von 48 Stunden die Ware den Kunden zuzustellen", sagt Gloden.
Schloss Wachenheim als börsennotiertes Unternehmen schließt sein Geschäftsjahr erst Ende Juni ab, so dass das Festtagsgeschäft erst einen Zwischenstand liefern kann. 1888 als Deutsche Schaumweinfabrik in Wachenheim an der Weinstraße gegründet und 1996 mit der Trierer Sektkellerei Faber verschmolzen, gehört das Unternehmen zu den bedeutendsten Schaumwein- und Perlweinherstellern in Europa mit eigenständig operierenden Töchtern in Frankreich und Polen. Firmenzentrale ist Trier, "das Herz des Unternehmens", wie Oliver Gloden sagt, mit 220 von insgesamt 1400 Mitarbeitern im Konzern. Und so bunt das Unternehmen aufgestellt ist, so unterschiedlich profitiert das Unternehmen von den Märkten:
Der Konzern
Insgesamt verkauft Schloss Wachenheim rund 200 Millionen Flaschen Sekt, Schaumwein, Wein, Perlwein, Spirituosen sowie alkoholfreie Getränke. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2017 /18 bei 324,5 Millionen Euro (plus 9,6 Prozent). Insgesamt lag laut den Zahlen des ersten Quartalsberichts das abgesetzte Volumen leicht unter dem Vorjahreswert. "Es bleibt spannend. Denn wir rechnen mit überproportionalen Umsatzerlösen", sagt Gloden. Der Grund: Weil die 2017er Weinernte so gering ausgefallen ist, steigen die Preise - für Hersteller und Konsumenten. "Wir haben fast eine Verdoppelung der Weinpreise. In diesem Jahr wird es wieder günstiger, weil 2018 eine gute und ausreichende Weinmenge geliefert hat:
Schloss Wachenheim bezieht die Hauptmenge seines Weins aus Spanien und Italien. "Der Anteil deutscher Weine - überwiegend Riesling - liegt weit darunter, weil Deutschland die benötigten Mengen nicht liefern könnte."
Deutschland
Im Stammland ist Schloss Wachenheim hinter Rotkäppchen-Mumm und Henkell Freixenet die Nummer drei im Sektmarkt. Das Trierer Unternehmen produziert zu 60 Prozent eigene Marken wie Faber, Feist Riesling oder Kleine Reblaus und regionale Sektmarken wie Schloss Wachenheim, Nymphenburg Sekt oder Schweriner Burggarten. Zu 40 Prozent stellt es Getränke für den Handel und die Discounter her. Kein leichter Markt, werden schließlich jährlich rund 150 Ausschreibungen für die Eigenmarken des Handels neu vergeben. "Wichtig in der Branche ist es nicht nur zu reagieren, sondern einen Schritt voraus zu sein", sagt Sprecher und Vorstand Gloden. "Trends muss man erkennen und in Produkte umsetzen. Bei neuen Produkten gehen wir aktiv auf den Handel zu und erarbeiten gemeinsam Vermarktungskonzepte, bei denen natürlich das Volumen eine wichtige Rolle spielt."
Bei alkoholfreien Sekten ist Schloss Wachenheim mit Light Live Marktführer, bei Saftprodukten für Kinder wie Robby Bubble mit an der Spitze. Außerdem gehört das Weingut Reichsgraf von Kessel statt mit zum Konzern. Seit 2019 hat Schloss Wachenheim mit Rindchen's Weinkontor zudem einen Spezialisten mit eigenen Läden, Online-Handel, Gastronomie-Belieferung und als Systempartner mit einem Umsatz von 20 Millionen Euro nun komplett übernommen, der laut Gloden "unsere Strategie, neue Geschäftsbereiche zu erschließen, weiter verfolgt und unsere Position im Multi-Channel-Vertrieb stärkt". Heißt: Der Sektabsatz des Unternehmens ist rückläufig, und der Verdrängungswettbewerb bei geringen Margen enorm. "Der deutsche Verbraucher ist verwöhnt und erwartet einen besonderen Service. Wir versuchen dem durch sorgfältig ausgewählte Rohstoffe und eine industrielle Fertigung auf qualitativ hochwertigem Niveau zu begegnen", sagt Vorstand Gloden. Er erwartet für Deutschland ein stabiles Ergebnis und weiter steigende Umsätze.
Frankreich
Im Wein- und Champagnerland Frankreich verkauft Schloss Wachenheim etwa 70 Millionen Flaschen jährlich. Während der Absatz der Eigenmarken durch ausgelaufene Kontrakte aktuell rückläufig ist, steigt der Absatz der unternehmenseigenen Marken wie Charles Volner, Muscador und Opera. Beim Schaumwein ist die französische Tochter Compagnie Francaise des Grands Vins gar Marktführer.
Osteuropa
Mit der Tochter Ambra mit Sitz in Polen "liegt die Latte für das aktuelle Geschäftsjahr sehr hoch", gesteht Oliver Gloden, kann der Weinmarkt doch ein Plus von 16 Prozent aufweisen. Zwar liegt der Weinkonsum mit vier Litern pro Kopf noch weit unter dem deutschen mit 24 Litern. Dennoch sind die Ziele hoch gesteckt. Schwerpunkte sind ein neues auf Whisky spezialisiertes Geschäft, der traditionelle Handel im Tante-Emma-Laden sowie in Rumänien der Sektabsatz. "Dort ist Sekt - verbunden mit dem Wirtschaftsaufschwung - noch ein klassisches Luxusgut."
Standort Trier
"Trier ist ein ganz besonders wichtiger Standort für den Konzern", sagt Oliver Gloden. Nicht nur, dass er und seine beiden Vorstandskollegen Horst Hillesheim und Boris Schlimbach „eigene Gewächse" des Unternehmens sind. Als Sitz von Produktion und Verwaltung und als Standort einer der ersten Entalkoholisierungsanlagen in Deutschland hat Trier auch immer wieder Signale in die Branche gesendet. Im April wird Schloss Wachenheim dies mit einem neuen Palettierzentrum tun, das für 4 Millionen Euro gebaut wird. So können Kartons schneller zusammengestellt und in LKW geladen werden. "Und für 2020 planen wir den Austausch einer Produktionslinie durch eine neue Anlage, die flexibel verschiedene Flaschengrößen zwischen 0,2 Liter und 0,75 Liter befüllen kann", sagt Sprecher Gloden. "Ziel ist es, flexibler zu werden, unsere Kapazitäten besser auszuschöpfen und dem Handel noch schneller neue Produkte anbieten zu können."